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Verfassung
des Ökumenischen Rates der Kirchen

Vom 30. August 1948
– Stand April 2000 –

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I. Basis

Der Ökumenische Rat der Kirchen ist eine Gemeinschaft von Kirchen, die den Herrn Jesus Christus gemäß der Heiligen Schrift als Gott und Heiland bekennen und darum gemeinsam zu erfüllen trachten, wozu sie berufen sind, zur Ehre Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.
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II. Mitgliedschaft

In den Ökumenischen Rat der Kirchen können alle diejenigen Kirchen aufgenommen werden, die ihre Zustimmung zu der Basis erklären, auf welcher der Ökumenische Rat gegründet ist, und die Voraussetzungen erfüllen, die von der Vollversammlung oder dem Zentralausschuss festgelegt werden. Die Wahl zum Mitglied muss mit Zweidrittelmehrheit der bei der Vollversammlung vertretenen Mitgliedskirchen erfolgen, wobei jede Kirche über eine Stimme verfügt. Zwischen den Tagungen der Vollversammlung eingehende Aufnahmeanträge können durch den Zentralausschuss behandelt werden. Wenn ein solcher Antrag durch eine Zweidrittelmehrheit der anwesenden stimmberechtigten Mitglieder des Ausschusses unterstützt wird, wird dieser Beschluss den Kirchen, die bereits Mitglieder des Ökumenischen Rates der Kirchen sind, mitgeteilt, und die Aufnahme gilt als vollzogen, wenn nicht innerhalb von sechs Monaten von mehr als einem Drittel der Mitgliedskirchen Einwände erhoben werden.
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III. Ziele und Funktionen

Der Ökumenische Rat der Kirchen wird von den Kirchen gebildet, um der einen ökumenischen Bewegung zu dienen. Er führt die Arbeit der weltweiten Bewegungen für Glauben und Kirchenverfassung und für Praktisches Christentum sowie des Internationalen Missionsrates und des Weltrates für christliche Erziehung weiter.
Das Hauptziel der Gemeinschaft der Kirchen im Ökumenischen Rat der Kirchen besteht darin, einander zur sichtbaren Einheit in dem einen Glauben und der einen eucharistischen Gemeinschaft aufzurufen, die ihren Ausdruck im Gottesdienst und im gemeinsamen Leben in Christus findet, durch Zeugnis und Dienst an der Welt, und auf diese Einheit zuzugehen, damit die Welt glaube.
In ihrem Streben nach koinonia im Glauben und Leben, Zeugnis und Dienst, bekunden die Kirchen ihren Willen, durch den Rat
  1. das im Gebet getragene Streben nach Vergebung und Versöhnung in einem Geist der gegenseitigen Rechenschaft, die Entwicklung engerer Beziehungen durch den theologischen Dialog und das Miteinanderteilen menschlicher, geistlicher und materieller Ressourcen zu fördern;
  2. das gemeinsame Zeugnis an jedem Ort und überall zu erleichtern und einander in der Wahrnehmung ihrer missionarischen und evangelistischen Aufgaben zu unterstützen;
  3. ihrer Verpflichtung zur diakonia Ausdruck zu verleihen, indem sie Menschen in Not dienen, die die Menschen trennenden Schranken niederreißen, das Zusammenleben aller Menschen in Gerechtigkeit und Frieden fördern und die Ganzheit der Schöpfung bewahren, damit alle Menschen die Fülle des Lebens erfahren können;
  4. durch Bildungs- und Lernprozesse und durch die Förderung von im jeweiligen Kontext verwurzelten Vorstellungen vom Leben in der Gemeinschaft dazu beizutragen, dass sich ökumenisches Bewusstsein entfaltet;
  5. einander in ihren Beziehungen zu und mit Menschen anderer Glaubensgemeinschaften zu unterstützen;
  6. Erneuerung und Wachstum in Einheit, Gottesdienst, Mission und Dienst zu fördern.
Zur Stärkung der einen ökumenischen Bewegung wird der Rat
  1. Beziehungen zu und unter den Kirchen pflegen, speziell innerhalb, aber auch außerhalb seiner Mitgliedschaft;
  2. Beziehungen zu nationalen Räten, regionalen Kirchenkonferenzen, Organisationen der weltweiten christlichen Gemeinschaften und anderen ökumenischen Organisationen aufnehmen und aufrechterhalten;
  3. ökumenische Initiativen auf regionaler, nationaler und örtlicher Ebene unterstützen;
  4. die Vernetzung ökumenischer Organisationen erleichtern;
  5. auf den Zusammenhalt der einen ökumenischen Bewegung in ihren vielfältigen Ausdrucksformen hinarbeiten.
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IV. Vollmacht

Der Ökumenische Rat der Kirchen hat beratende Funktion und bietet die Möglichkeit zum gemeinsamen Vorgehen in Fragen von allgemeinem Interesse.
Er kann im Auftrag von Mitgliedskirchen nur in solchen Angelegenheiten handeln, die ihm eine oder mehrere Kirchen übertragen, und nur im Namen dieser Kirchen.
Der Ökumenische Rat besitzt keine gesetzgebende Gewalt über die Kirchen. Er handelt auch in keiner Weise in ihrem Namen, außer in den erwähnten oder von den Mitgliedskirchen künftig festgelegten Fällen.
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V. Organisation

Der Ökumenische Rat übt seine Funktionen aus durch die Vollversammlung, den Zentralausschuss, den Exekutivausschuss und sonstige nachgeordnete Organe, die nach Bedarf eingesetzt werden.
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1. Vollversammlung

  1. Die Vollversammlung ist das oberste legislative Organ, das an der Spitze des Ökumenischen Rates steht und in der Regel alle sieben Jahre zusammentritt.
  2. Die Vollversammlung besteht aus den offiziellen Vertretern und Vertreterinnen1# der Mitgliedskirchen, den Delegierten. Sie werden von den Mitgliedskirchen gewählt.
  3. Die Vollversammlung hat folgende Aufgaben:
    1. Wahl des Präsidenten oder der Präsidenten des Ökumenischen Rates;
    2. Wahl von höchstens 145 Mitgliedern des Zentralausschusses aus der Mitte der Delegierten, die die Mitgliedskirchen in die Vollversammlung gewählt haben;
    3. Wahl von höchstens fünf Zentralausschussmitgliedern aus der Mitte der Vertreter, die die angeschlossenen Mitgliedskirchen in die Vollversammlung gewählt haben;
    4. Festlegung der allgemeinen Arbeitsschwerpunkte des Ökumenischen Rates und Überprüfung der Programme, die zur Umsetzung der vorher festgelegten Schwerpunkte durchgeführt werden;
    5. Delegierung bestimmter Aufgaben an den Zentralausschuss, ausgenommen Änderungen dieser Verfassung und der Sitzverteilung innerhalb des Zentralausschusses, die verfassungsgemäß ausschließlich der Vollversammlung vorbehalten sind.
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2. Zentralausschuss

d)
Der Zentralausschuss ist verantwortlich für die Ausführung der von der Vollversammlung angenommenen Arbeitsschwerpunkte; er nimmt die Aufgaben der Vollversammlung wahr, die diese ihm für die Zeit zwischen den Tagungen überträgt. Ausgenommen hiervon sind die Befugnisse, diese Verfassung zu ändern, Sitze im Zentralausschuss zu verteilen oder die Sitzverteilung zu ändern.
e)
Der Zentralausschuss besteht aus dem bzw. den Präsidenten des Ökumenischen Rates der Kirchen und höchstens 150 stimmberechtigten Mitgliedern.
1.
Bis zu 145 Mitglieder werden von der Vollversammlung aus der Mitte der Delegierten gewählt, die die Mitgliedskirchen in die Vollversammlung gewählt haben. Die Vollversammlung setzt die Zahl dieser Zentralausschussmitglieder für die Mitgliedskirchen fest unter angemessener Berücksichtigung der Größe der im Rat vertretenen Kirchen und Konfessionen, der Zahl der Kirchen jeder Konfession, die Mitglied des Rates sind, einer ausgewogenen geografischen und kulturellen Vertretung sowie einer angemessenen Vertretung der Hauptanliegen des Rates.
2.
Bis zu fünf Mitglieder werden von der Vollversammlung aus der Mitte der Delegierten gewählt, die die angeschlossenen Mitgliedskirchen in die Vollversammlung gewählt haben.
3.
Wird im Zentralausschuss zwischen den Tagungen der Vollversammlung ein Sitz frei, so besetzt der Zentralausschuss diesen Sitz im Einvernehmen mit der Kirche, der das ehemalige Mitglied angehörte.
f)
Zusätzlich zu den oben unter a) aufgeführten allgemeinen Kompetenzen besitzt der Zentralausschuss folgende Befugnisse:
1.
Wahl des Vorsitzenden und des oder der stellvertretenden Vorsitzenden aus der Mitte der Mitglieder des Zentralausschusses;
2.
Wahl des Exekutivausschusses aus der Mitte der Zentralausschussmitglieder;
3.
Wahl der Ausschüsse, Kommissionen und Kuratorien;
4.
auf Empfehlung des Programmausschusses Einleitung und Beendigung von Programmen und Aktivitäten sowie Festlegung von Prioritäten für die Arbeit des Rates im Rahmen der von der Vollversammlung angenommenen Arbeitsschwerpunkte;
5.
Annahme des Haushalts des Ökumenischen Rates und Sicherstellung seiner Finanzierung;
6.
Wahl des Generalsekretärs und Wahl oder Ernennung der Mitarbeiter des Ökumenischen Rates bzw. Vorkehrungen für deren Wahl oder Ernennung;
7.
Planung der Tagungen der Vollversammlung, Vorbereitung zur Erledigung ihrer Geschäfte, der Durchführung von Gottesdiensten und Studien sowie die Verwirklichung des gemeinsamen christlichen Engagements. Der Zentralausschuss bestimmt die Anzahl der Vollversammlungsdelegierten und verteilt die Sitze auf die Mitgliedskirchen unter angemessener Berücksichtigung der Größe der im Rat vertretenen Kirchen und Konfessionen, der Zahl der Kirchen jeder Konfession, die Mitglied des Rates sind, einer ausgewogenen geografischen und kulturellen Vertretung und der angestrebten Zusammensetzung aus leitenden Amtsträgern, Gemeindepfarrern und Laien, aus Männern, Frauen und jungen Menschen sowie der Teilnahme von Personen, deren Fachwissen und Erfahrungen erforderlich sind;
8.
Delegierung bestimmter Aufgaben an den Exekutivausschuss oder andere Organe oder Personen.
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3. Satzung des Ökumenischen Rates2#

Die Vollversammlung oder der Zentralausschuss können Satzungsartikel für die Führung der Geschäfte des Ökumenischen Rates annehmen und ändern, sofern sie mit dieser Verfassung nicht unvereinbar sind.
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4. Satzungen der Ausschüsse usw.

Die Vollversammlung und der Zentralausschuss können Satzungen für die Arbeit der Ausschüsse, Kuratorien, Arbeitsgruppen und Kommissionen annehmen und Änderungen dieser Satzungen vornehmen, sofern sie mit dieser Verfassung nicht unvereinbar sind.
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5. Beschlussfähigkeit

Die Vollversammlung und der Zentralausschuss sind für die Erledigung ihrer Geschäfte beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte ihrer Mitglieder anwesend ist.
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VI. Andere Ökumenische Christliche Organisationen

  1. Konfessionelle Weltbünde und internationale ökumenische Organisationen, die der Zentralausschuss dafür vorschlägt, können eingeladen werden, nichtstimmberechtigte Vertreter zu den Tagungen der Vollversammlung und des Zentralausschusses in einer von Letzterem zu bestimmenden Anzahl zu entsenden.
  2. Nationale Räte von Kirchen und regionale Kirchenkonferenzen sowie andere Christenräte und Missionsräte, die der Zentralausschuss dafür vorschlägt, können eingeladen werden, nichtstimmberechtigte Vertreter zu den Tagungen der Vollversammlung und des Zentralausschusses in einer von Letzterem zu bestimmenden Anzahl zu entsenden.
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VII. Verfassungsänderungen

Die Verfassung kann mit Zweidrittelmehrheit der anwesenden stimmberechtigten Delegierten der Vollversammlung geändert werden. Voraussetzung hierfür ist, dass der Zentralausschuss die Änderungsvorschläge vorher überprüft und mindestens sechs Monate vor der Tagung der Vollversammlung den Mitgliedskirchen zugestellt hat. Sowohl der Zentralausschuss als auch die Mitgliedskirchen sind berechtigt, derartige Verfassungsänderungen vorzuschlagen.

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1 ↑ Im weiteren Verfassungstext ist um der größeren sprachlichen Klarheit willen nur die männliche Form der verschiedenen Ämter gebraucht, wobei als selbstverständlich vorausgesetzt wird, dass jede dieser Funktionen auch von einer Frau erfüllt werden kann.